Vorfreude ist doch die schönste Freude – diesen Eindruck gewinne ich seit Wochenbeginn beim Blick in die Sozialen Medien. Kaum eine Facebook-Freundin, die nicht ein Foto von Augusta National gepostet hätte. Keine Twitter-Bekannten, die nicht mindestens einmal täglich den Hashtag #TheMasters verwenden – der Faszination des ersten Majors des Jahres kann sich kein Golf-Fan entziehen. Auch ich nicht. Die Fotos von diesem manikürten Parcours im Süden der USA, das saftige Grün der Fairways, die rosa und pinken Magnolien-Blüten… der Frühling ist da! Augenblicklich erwacht die Lust, selbst zu den Clubs zu greifen. Und sei es nur auf der wenig sexy Driving Range im Heimclub. Denn nach Augusta National werde ich es bestenfalls in meinen nächtlichen Träumen schaffen.
Dass Träume wahr werden können, beweist seit einiger Zeit Bernd Wiesberger. Er tritt dieses Jahr zum zweiten Mal in Augusta an – heuer nicht mehr mit dem Handicap, als Neuling den Platz nur aus dem TV zu kennen und sich aufs Yardage-Book verlassen zu müssen. 2016 verfügt er über Platzkenntnis – und seine Fans hoffen nun inständig auf den ersten Major-Sieg eines Österreichers! Dies muss – nein, dieser wird kein Traum bleiben. «Wiesl» hat das Zeug, ein ganz grosses Turnier zu gewinnen. Ob die Zeit schon reif ist? Am Sonntag wissen wir mehr…
Für einen anderen war die Zeit diese Woche bereits reif: Mathias Eggenberger, liechtensteinisch-schweizerischer Doppelbürger, hat im Home of Golf gezeigt, dass er kein Schönwettergolfer ist, sondern Regen, Wind und einer starken Konkurrenz trotzen kann. Auf dem Old Course von St. Andrews bewies der 24-Jährige Nerven; er führte beim R&A Foundation Tournament das Feld zwei Tage lang an, musste am dritten aber doch noch ins Play-Off und siegte am 5. Extraloch mit einem Birdie! Der Lohn für diese herausragende Leistung: Mathias Eggenberger ist in seinem vermutlich letzten Jahr als Amateur zum zweiten Mal fürs europäische Team beim Palmer Cup qualifiziert! Da freuen sich am Tag vor dem Start zum 80. US Masters die ganze Golf-Schweiz und das «Ländle» mit. Denn etwas vom Schönsten beim Golf ist, dass man sich auch zu Hause vor dem Bildschirm von Herzen mitfreuen kann, wenn man von den Heldentaten anderer erfährt. Gänsehaut inklusive! Die nass-kalten Füsse aber, die gabs nur in Schottland.
In diesem Sinne: Allen eine spannend-schöne Masters-Woche – und Mathias viel Vergnügen beim Wiedersehen mit Arnold Palmer im Juni in Liverpool!
6. April 2016